Himmel

Liebe Freundinnen und Freunde des Jungen SchauSpielHauses,

gerade proben wir mit unserem Ensemble und dem Regisseur Konradin Kunze das Stück »Himmel« von Wajdi Mouawad. Wir befinden uns erst in der zweiten Probenwoche – noch wird viel am Tisch gelesen und diskutiert. Wir folgen den Figuren des Stücks, Mitarbeitern einer Anti-Terror-Einheit, die versuchen, einen sich ankündigenden globalen Anschlag auf mehrere Städte des Westens zu verhindern. Dabei müssen sie abwägen, ob eine Islamisten-Gruppe dahinter steckt oder doch eine versponnen wirkende Truppe von Anarchisten, die sich über kryptische Gedichte verständigt. Wir sprechen über die Themen des Stücks wie die Überwachung in Deutschland und weltweit, den Zusammenhang zwischen Terror und Kunst, die omnipräsenten Bilder von Terror und Krieg, die sich in unser kollektives Gedächtnis eingeschrieben haben – ein regelrechter Bilderkrieg, den die Terroristen, aber auch der Westen führen – und wir fragen uns, was Stockhausen meinte, als er den 11. September als das größte Kunstwerk aller Zeiten bezeichnete.

Und während wir das alles tun, während wir auf einer Probebühne des Deutschen SchauSpielHauses sitzen und uns in eine fiktionale Welt begeben, werden wir von den realen terroristischen Ereignissen in Paris und ihrer medialen Bild-Berichterstattung eingeholt. Wir proben und plötzlich wird Mouawads Stück, das im Jungen SchauSpielHaus am 20. Februar Premiere hat, tagesaktueller denn je. Unsere Gespräche auf der Probebühne sind Fortsetzungen der Berichte, die wir im Radio, Fernsehen und in den Zeitungen hören, sehen und lesen – und anders herum. Die Geheimdienstzelle im Stück kann den Anschlag nicht verhindern; warum konnten die französischen Geheimdienste es ebenfalls nicht? Im Stück, wie in den aktuellen Diskussionen, wird gefragt: Brauchen wir mehr Überwachung, um sicher zu sein?

Mouawad hat das Stück schon 2009 geschrieben, also vor den Enthüllungen von Edward Snowden. Er selbst sagt, dass er das Stück nie hätte schreiben können oder wollen, wenn das Thema Überwachung bereits tagesaktuell gewesen wäre. Wir finden es wichtig und richtig, Mouawads Stück gerade jetzt für ein junges und Generationen sowie Kulturen übergreifendes Publikum hier im Jungen SchauSpielHaus zu spielen. Denn es liefert eine intelligente und differenzierte Analyse zu den Mechanismen von Terror und Überwachung, von Terror und Medien, von Terror und Kunst – und es ist gleichzeitig eine kritische und für uns unbequeme Analyse unserer westlichen Welt.

Der Kampf für die Freiheit in Form von Demonstrationen, wie er in den letzten Tagen geführt wird, ist erfreulich. Aber hüten wir uns vor dem Ruf nach mehr Überwachung und der damit verbundenen Einschränkung von Freiheit. Es darf bei unserem Umgang mit Terror und Extremisten nicht (nur) um Symptombekämpfung gehen, vielmehr: Wir müssen uns auf die Suche nach den Ursachen von Terror machen – und zwar auch hier, in unserer Gesellschaft. In »Himmel« wird dem Westen und seinen Geheimdiensten Blindheit vorgeworfen. Nur wenn wir die Ursachen von Terror und Extremismus erkennen und bekämpfen, werden wir verhindern können, dass wir uns eines Tages wie Ödipus die Augen ausstechen müssen.

Ihr Team
Junges SchauSpielHaus

Inhalte

Himmel (ab 15)

von Wajdi Mouawad
Regie: Konradin Kunze

An einem geheimen Ort scannt ein Team von Geheimdienstmitarbeitern die globale Kommunikation auf der Suche nach versteckten Botschaften. Als Teil einer internationalen Operation versuchen sie, die Nachrichten einer Terrorgruppe zu entschlüsseln, um bevorstehende Anschläge zu verhindern. Mit ihren engsten Angehörigen halten sie per Telefon und Internet Kontakt, dürfen aber nicht über ihre Arbeit sprechen. Als ein Mitarbeiter aus unbekannten Gründen Selbstmord begeht, wird ihre Mission um unbestimmte Zeit verlängert. Die Stimmung im Team verdüstert sich, und das Gewirr aus kryptischen Nachrichten und abgehörten Telefonaten verdichtet sich zu einer realen Bedrohung. Ein junger Dekodierungsexperte soll nun versteckten Hinweisen auf dem Laptop des Verstorbenen nachgehen. Doch seine Entdeckung führt zu Streit: Könnte es sein, dass ein Gemälde des Renaissancemalers Tintoretto als Vorlage dient für eine Szenerie des Grauens? Nutzen die jungen, global vernetzten Terroristen Gedichte, um ihre Anschlagspläne zu verschlüsseln? Kann Schönheit Zerstörung hervorbringen? Mehr...

Es spielen: Hermann Book, Angelina Häntsch, Jonathan Müller, Christine Ochsenhofer, Florens Schmidt

Deutschsprachige Erstaufführung am 20. Februar 2015 im Jungen SchauSpielHaus Gaußstraße
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